Der Wert der Zweisamkeit!

Heute will ich erzählen, wie es mir unlängst ergangen ist. Den ein oder andere wird es vielleicht nur ein mildes Lächeln entlocken. Aber vielleicht gibt es jemanden, der weiß wovon ich spreche, kann es nur zu gut nachvollziehen und freut sich, dass es nicht nur ihm so geht.

Also…

Mein Mann würde im Zuge einer Ausbildung die ganze Woche weg sein und ich die Stellung halten. Mir war klar, dass ich ihn vermissen würde und freute mich jetzt schon auf unser Wiedersehen. Ich freute mich aber auch mit ihm, weil er schon voller Vorfreude dem Beginn der Ausbildung entgegen sah.

Einbißchen freute ich mich aber auch auf diese Woche, denn ich wollte ihm beweisen, dass ich auch mal ohne ihn auskommen konnte. Außerdem musste ich auf keinen Rücksicht nehmen, mich nach keinem richten, Dinge tun, zu denen ich sonst nicht kam, den Tag einfach mal nur nach meinem Rhythmus gestalten.

Der Montag war so gefüllt, dass ich noch nicht mal Zeit hatte, ihn zu vermissen. Trotzdem hatten wir uns geschrieben und auch telefoniert. Es ging ihm gut und ich war auch zufrieden. Auch am Dienstag gab es für mich viel zu tun. Ich war den ganzen Tag damit beschäftigt, zu bügeln, aufzuräumen, zu ordnen. Als ich auch am Mittwoch nur am herum kruschern war, dachte ich mir: wenn du so weiter machst, kommst du gar nicht zur Ruhe! Am Donnerstag, da würde ich nur tun, worauf ich Lust habe und das ja nicht nach Arbeit aussieht. Also ließ ich mich gehen, tat worauf ich Lust hatte und merkte  nicht, wie ich in die Lustlosigkeit und Antriebslosigkeit abrutschte. Als ich es merkte konnte ich da gar nicht so schnell wieder raus. Für wen auch! Morgen wäre ja eh wieder alles das gleiche. Das, was ich alles aus Spaß an der Freude machen wollte, hatte seinen Reiz verloren. Ich wurde gewahr, wie schwer ist, wenn man allein ist, den inneren Antrieb zu finden. Für wen und wozu? Wenn du den ganzen Tag tun kannst, worauf du Lust hast, dann hast du gar keine Lust mehr drauf.

Plötzlich musste ich an meine Tante denken. Ihr Mann, mein Onkel, ist schon vor Jahren gestoben und seit dem lebte sie mit ihren beiden Töchtern. Dann heirateten die Beiden nach einander und zogen auch noch weg. Und von jetzt auf gleich war meine Tante allein. Ich fragte mich: Wie mag es ihr wohl damals gegangen sein? Nie hatte ich mir vorher über so etwas Gedanken gemacht! Wie überstehen Menschen gerade die erste Zeit des Alleinseins? Nicht, dass ich mich mit solchen Menschen vergleichen wollte, nichts ist mir ferner als das! Aber durch die eigene Erfahrung wurde ich sensibler, rückte das Thema Einsamkeit in mein Blickfeld.

Der Freitag bekam etwas Aufwind durch meine beiden Neffen, die zum Haareschneiden vorbei kamen. Meine Schwester war auch mitgekommen und so hatte ich eine angenehme Abwechslung. Doch abends bekam ich Migräne und schmerzhalft zu spüren, wenn so gar keiner da ist.

Am Samstag kam endlich mein Mann! Froh, dankbar und glücklich sprang ich ihm in die Arme. Ich hatte den Eindruck, dass er nicht ganz verstand, was mit mir los war, aber er hatte ja auch nicht erlebt, was ich erlebt hatte.

Mitten in der Freude, das ich nicht mehr allein bin, fiel mir ein Zitat ein, das ich vor lange Zeit mal notiert hatte. Heraklit, ein griechischer Philosoph soll gesagt haben:

„Nicht gut ist, wenn sich alles erfüllt, was du dir wüschst: Durch Krankheit erkennst du den Wert der Gesundheit, am Bösen, den Wert des Guten, durch Hunger die Sättigung, in der Anstrengung den Wert der Ruhe.

Und ich füge hinzu: Durch Einsamkeit den Wert der Zweisamkeit!

So wurde diese Woche für mich eine wertvolle Erfahrung, die ich auf keinen Fall missen möchte.

Bis bald, Anna

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